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Sprachwelt.de - Sprachen (A-Z) - Ungarisch

Maria D. Matai
Kleine ungarische Sprachgeschichte



Die ungarische Sprache gehört zum ugrischen Zweig der zur uralischen Sprachfamilie zählenden finnougrischen Sprachen und wird auch Magyarisch genannt. Ursprünglich wurde die Sprache in den Gebieten östlich des Urals gesprochen. Heute ist es die Staatssprache Ungarns und wird auch in den angrenzenden Ländern von Minderheiten gesprochen.

In der finnisch-ugrischen Sprachfamilie stellt das Ungarische - die Muttersprache von 14 bis 15 Millionen Menschen - das Idiom mit den ältesten Textdenkmälern dar. Die Zeugnisse des mittelalterlichen Sprachzustandes liefern wertvolles Material für die Erforschung und das vertiefte Studium des Ungarischen.

Dieser Band bietet dazu eine Einstiegshilfe: Er möchte zum besseren und tieferen Verständnis der Vergangenheit und dadurch auch der Gegenwart der ungarischen Sprache beitragen und über die Sprache auch Einblicke in das Leben und die Kulturgeschichte des ungarischen Volkes gewähren.

Die Autorin gibt in den ersten drei Kapiteln eine Übersicht über das Verhältnis von Ungarns Sprachgeschichte zu seiner Kulturgeschichte, Literatur und heutigen Sprache. Anschließend folgt die Analyse des ältesten ungarischen Textdenkmals, der so genannten Grabrede.

Anhang:
  • Eine skizzenartige chronologische Übersicht der ungarischen Sprachgeschichte
  • Grabrede und Bittgebet, das erste handschriftlich erhaltene ungarischsprachige Textdenkmal
  • Die Altungarische Marienklage, das erste erhaltene ungarischsprachige Gedicht
  • Die Laskai-Zeilen, das erste erhaltene ungarischsprachige gereimte Gebet
  • Mihály Vörösmartys Zuspruch


Vorwort:
Die Beschäftigung mit der ungarischen Sprache, Literatur und Kulturgeschichte setzt viele Kenntnisse voraus. Wir müssen den Wortschatz und das grammatische System kennen sowie die Regeln und die Praxis der Satz- und Textkonstruktion.
Wir müssen zudem wissen, dass sich - wie sämtliche lebende Sprachen auf der Welt - auch die ungarische Sprache ändert. Um die ältere ungarische Literatur lesen zu können, muss man die frühere Sprache mehr oder weniger kennen, wollen wir doch auch diese Texte verstehen - und nicht missverstehen.
Für die sprachgeschichtlichen Kenntnisse muss man aber nicht nur die Texte früherer Zeiten lesen und verstehen, sondern sich auch in den verschiedenartigen Dubletten der heutigen ungarischen Sprache, den sog. synchronen Varianten, zurechtfinden können, beispielsweise wissen, wann welche von zwei Formen ähnlicher Bedeutung die bessere Wahl ist (z. B. csoda oder csuda "Wunder", engem oder engemet "mich" (Akk.), férfival oder férfivel "mit dem Mann", el kell mennem oder el kell menjek "ich muss weggehen"). Die Entscheidung hängt von vielen Umständen ab: von der Zeit und davon, ob wir Umgangssprache oder Dialekt reden, vom Gesprächspartner, von der Situation, vom individuellen Geschmack und Sprachgebrauch sowie von sonstigen soziolinguistischen Umständen. Denn auch im gegenwärtigen Sprachzustand finden sich neben Innovationen zahlreiche erhaltene Altertümlichkeiten, sog. Relikte.
Diese Wahl ist zum einen aus stilistischer und soziolinguistischer Sicht von Bedeutung, zum anderen deshalb, weil wir durch unsere eigene Wahl eine Variante präferieren (die sich dann verbreiten, dominieren und zum allgemein benutzten sprachlichen Faktum werden kann), wir also auch selbst Gestalter der von uns benutzten Sprache sind.
Die sprachgeschichtlichen Kenntnisse helfen uns auch zu verstehen, warum wir diese oder jene sprachliche Form verwenden, damit wir bestimmte Fragen und Fakten des Sprachgebrauchs erklären können, z. B. Fragen der Rechtschreibung, Grammatik und Semantik sowie stilistische, textologische und pragmatische Fragen: z.B., warum es iszom (vizet) "ich trinke (Wasser)" heißt und nicht *iszem, obwohl wir doch wissen, dass in der ungarischen Sprache das Bestreben nach Beibehaltung der Vokalharmonie recht stark ist.
Die Sprachgeschichte ist auch mit der Kulturgeschichte untrennbar verbunden, weil die Sprache viele kulturgeschichtliche Zeugnisse bewahrt, über die die Zeit hinweggeschritten ist. In jeder beliebigen Sprache finden wir Beispiele für Bezeichnungen von Handwerksberufen, die in dem betreffenden Land und Jahrhundert üblich waren und von denen nur noch der Name erhalten blieb, während das Handwerk selbst von der modernen Industrie verdrängt wurde: z.B. gelencsér ~ gerencsér "Töpfer", kádár Fassbinder, Böttcher", pintér "Fassbinder". - Die Sprache ist auch ein unverzichtbares Mittel, um die alte Glaubenswelt kennen zu lernen, denn sie hat die Vergangenheit bewahrt, während die alten Bräuche verschwunden sind.
Dieses Büchlein möchte eine gewisse Orientierung in den erwähnten Fragen bieten. Es möchte (zumindest an einigen Punkten) zum besseren und tieferen Verständnis der Vergangenheit und Gegenwart der ungarischen Sprache beitragen und über die Sprache auch einen Einblick in das Leben und die Kulturgeschichte des Volkes gewähren.
Schließlich wird noch ein Abschnitt des ältesten ungarischsprachigen Textes vorgestellt, der sog. Grabrede, einer bei einem Begräbnis gehaltenen Ansprache (im Anhang im Faksimile und paläografischer Transkription). Seither sind mehr als 800 Jahre vergangen. Die ungarische Sprache hat sich sehr verändert, auf allen Ebenen des Sprachsystems, und gleichzeitig lebt vieles im Wesentlichen unverändert weiter bis in unsere Tage. Diese für alle Sprachen typische Tradierung ist die Erklärung dafür, dass wir - im Besitz gewisser sprachgeschichtlicher Kenntnisse - diesen Text aus dem 12. Jahrhundert auch heute recht gut verstehen, was hoffentlich bei den im Ungarischen Bewanderten im nächstfolgenden Jahrhundert so bleiben wird.
Vorliegende Arbeit stellt also die ungarische Sprachgeschichte nicht chronologisch dar. Deshalb wird dem Leser im Anhang 1 auch ein kurzer chronologischer Überblick über die 3000-jährige Geschichte der ungarischen Sprache gegeben.
In den Anhängen 2 bis 4 werden alte ungarische Sprachdenkmäler vorgestellt: "Grabrede und Bittgebet", das erste erhaltene Textdenkmal in ungarischer Sprache (zwischen 1192 und 1195), die "Altungarische Marienklage", das erste erhaltene Gedicht in ungarischer Sprache (vor 1300) und die "Laskai-Zeilen", das erste ungarischsprachige gereimte Gebet (ein Text vermutlich aus dem 14. Jahrhundert, der in einer Abschrift von 1433 erhalten blieb). Dass sie die ersten "erhaltenen" Sprachdenkmäler sind, muss deshalb hervorgehoben werden, weil vermutlich auch schon früher und zeitgleich weitere ungarischsprachige Texte entstanden sind, die in den wechselvollen Jahrhunderten der ungarischen Geschichte verloren gingen oder eventuell bis heute irgendwo verborgen sind. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass im 10.-14. Jahrhundert die ungarischsprachige Schriftlichkeit viel weiter verbreitet war, als wir aufgrund der erhaltenen Sprachdenkmäler annehmen würden.
Anhang 5 enthält die Dichtung Szózat (Zuspruch, 1836) des großen ungarischen Dichters der Romantik Mihály Vörösmarty mit deutscher Übersetzung.

Inhalt:
Vorwort
Sprachgeschichte und Kulturgeschichte
  • Etymologie und Kulturgeschichte
  • Die Erbwörter
  • Die Lehnwörter
  • Bedeutungswandel und Kulturgeschichte
Sprachgeschichte und Literatur
Sprachgeschichte und heutige Sprache
  • Sprachgeschichtliche Erklärungen für Vorgänge in der heutigen Sprache
  • Erklärungen alter Sprachvorgänge anhand der heutigen Sprache
Analyse eines Abschnittes des ersten ungarischen Textdenkmals, der Grabrede: Änderung (Innovation) und Tradierung (Kontinuität)
Anhang
  • Skizzenartige chronologische Übersicht der ungarischen Sprachgeschichte
  • Grabrede und Bittgebet, das erste handschriftlich erhaltene ungarischsprachige Textdenkmal
  • Altungarische Marienklage, das erste erhaltene ungarischsprachige Gedicht
  • Die Laskai-Zeilen, das erste erhaltene ungarischsprachige gereimte Gebet
  • Mihály Vörösmarty: "Zuspruch"


Buske Verlag, 2002, 96 S.
9,80 Euro
Broschiert
ISBN: 978-3-87548-323-9



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12.11.2023